(Kapitel 2: Unsere Berufung)
2. Unsere Berufung : Der Weg des Friedens
Der Friede ist das Wesen des Reiches Gottes. Christus vertraute seiner Kirche das Evangelium des Friedens an: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“ Er selbst ist unser Friede und in ihm ist jede Trennung überwunden. Er möchte, dass wir Stifter seines Friedens sind.
Zu diesem Zweck beauftragt er uns, in der Welt, aber nicht von der Welt zu sein. Wir sollen uns nicht angleichen an das gegenwärtige Zeitalter, das der Sünde und dem Tod verfallen ist, denn diese Mächte stehen Gott feindlich gegenüber. Andererseits dürfen wir die Welt auch nicht verachten.
„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt ...“ Christus fordert von uns dieselbe Liebe. In seinem Dienste stehend, dürfen wir uns nicht entziehen oder absondern. Er gebietet uns, Stadt auf dem Berg, Licht auf dem Leuchter und Salz der Erde zu sein. Seine Kirche soll die Botschaft seines Friedensreiches sein, errichtet inmitten des gegenwärtigen Zeitalters, wie in einem fremden Land.
Diesen Auftrag wollen wir durch Zusammenarbeit mit anderen Menschen guten Willens erfüllen, unabhängig davon, ob diese bekennende Christen sind oder nicht. Wir erfahren, dass Christus selbst in denen wirken kann, die ihn mit ihren Worten verleugnen. Es ist unsere Aufgabe, ihn in jeder Person wiederzuerkennen und alle Menschen auf ihn hinzuweisen.
Was heißt es, Friedensstifter zu sein? Jesus lehrt uns: Liebe deine Feinde, tue Gutes denen, die dich hassen, bete für die, die dich verfolgen, und vergib, so wie du der Vergebung bedarfst. Er weist uns an: Widersetzt euch nicht denen, die euch misshandeln, sondern lasst euch eher noch einmal schlagen, anstatt zurück zu schlagen. Politische Macht lehnte Jesus ab, als diese ihm angeboten wurde, und er weigerte sich, sich mit Gewalt zu verteidigen. Eher ließ er sich töten. So müssen wir ihm nachfolgen.
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: „Du sollst nicht
töten“; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber
sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts
schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist
des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen
Feuers schuldig.
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“
Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel,
sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem
biete die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will
und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. Und wenn
dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm zwei.
Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der
etwas von dir borgen will.
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Du sollst deinen Nächsten lieben“
und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und
bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters
im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute
und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Denn wenn ihr
liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht
dasselbe auch die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern
freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch
die Heiden? Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im
Himmel vollkommen ist.
—Matthäus 5,21–22; 38–48
Der Weg des Friedens gebietet Ehrfurcht vor allen Lebewesen, besonders vor jedem menschlichen Leben, da jede Person im Bild Gottes erschaffen wurde. Christi Wort und Beispiel, so bezeugt es die Lehre der frühen Kirche, verbietet uns kategorisch, menschliches Leben auszulöschen, aus welchem Grund auch immer, direkt oder indirekt, ob im Krieg oder aus Selbstverteidigung, durch die Todesstrafe oder auf irgendeine andere Art, einschließlich Sterbehilfe und Abtreibung.1 Als Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen werden wir in keiner Streitkraft eines Landes dienen, auch nicht ohne Waffe. Darüber hinaus ist es uns auch untersagt, durch unsere Zustimmung oder Hilfe Kriegshandlungen oder die Anwendung tödlicher Gewalt durch andere zu unterstützen.
Wir lehnen es ab, Regierungsgewalt auszuüben, sei es durch Bekleidung eines hohen Amtes oder in einer anderen Position, die mit Macht über Leben, Freiheit oder Bürgerrechte eines anderen ausgestattet ist, wie sie etwa Richter oder Geschworene innehaben.2 Ebenso können wir aus Gehorsam gegenüber Christi Lehre weder Eide schwören noch Treuegelöbnisse ablegen. Wir lieben unser Land und unsere Landsleute, aber ebenso lieben wir alle unsere Mitmenschen, unabhängig von Nationalität, Herkunft, Rasse, Glauben, Kultur oder gesellschaftlichem Ansehen. Unsere Loyalität gilt dem Reich Gottes.
Den Staat betreffend lehrt Jesus: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ Wir respektieren die Autorität des Staates, denn sie ist ihm von Gott gegeben; mit dem Auftrag, die Unschuldigen zu schützen und das Böse einzudämmen. So zahlen wir unsere Steuern und befolgen die Gesetze des Landes, soweit diese nicht in unlösbarem Konflikt stehen mit dem Gehorsam Christus gegenüber. Wir erkennen die legitimen Bemühungen des Staates an, Mord, Unredlichkeit und Unmoral Einhalt zu gebieten und wir beten für die Regierenden, dass sie ihre Autorität zur Förderung von Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.
Doch in letzter Konsequenz gilt unsere Treue nicht dem Staat, da wir Gott mehr als den Menschen gehorchen müssen. So wie uns Christus lehrt und die Geschichte zeigt, muss die Kirche frei von Bindungen an den Staat bleiben, damit sie nicht von diesem korrumpiert wird. Die Macht des Staates ist letztendlich die Macht des Schwertes, die durch Gewalt gesichert wird. Wir sind aber zu Christi Weg gerufen, welcher das Böse durch das Gute bezwingt.
Trotzdem sehen wir der Regierungsarbeit nicht gleichgültig zu. Im besten Falle stellt der Staat in der gegenwärtigen sündhaften Welt eine relative Gerechtigkeit dar. Die Kirche aber, als Gottes Botschafterin, vertritt eine absolute Gerechtigkeit: die Gerechtigkeit des Reiches Gottes.3 Die Kirche muss gegenüber dem Staat Zeugnis ablegen, ihm als sein Gewissen dienen und ihm helfen, Gut von Böse zu unterscheiden. Sie muss ihn letztlich daran erinnern, dass er nicht die Grenzen seiner von Gott eingesetzten Autorität überschreitet.
Wir halten an dem Weg der gewaltlosen Liebe und der bedingungslosen Vergebung fest. Dies ist kein Pazifismus aufgrund von Gleichgültigkeit oder Feigheit. Jesus beruft uns, Botschafter der Liebe zu sein, selbst wenn wir damit Tod und Schmach riskieren. Die Ablehnung des Krieges ist nur der erste Schritt, denn unser Streben gilt dem Aufbau einer Lebensweise, welche die Ursachen von Kriegen beseitigt: Ungerechtigkeit, Hass und Gier. Wir möchten unser Leben dafür einsetzen, das von den Propheten vorausgesagte Friedensreich aufzubauen. Dieses wird nicht nur einzelne Menschen verwandeln, sondern auch die gesamte menschliche Gesellschaft und die gesamte Natur:
Und der Wolf wird beim Lamm weilen und der Leopard beim Böckchen lagern. Das Kalb und der Junglöwe und das Mastvieh werden zusammen sein, und ein kleiner Junge wird sie treiben.
Man wird nichts Böses tun noch verderblich handeln auf meinem ganzen heiligen Berg. Denn das Land wird voll von Erkenntnis des Herrn sein, wie von Wasser, das das Meer bedeckt.