Ubi caritas et amor, ubi caritas deus ibi est – wo Güte und Liebe ist, dort ist Gott. Der Gesang klingt in meinem Kopf und aus meinem Herzen kommt er wie ein Echo zurück. Er beschreibt das Wesentliche des letzten Wochenendes hier in Darvell: Taizé beim Bruderhof 2018.
Unsere Aufregung wuchs mit jedem Teilnehmer, der sich in den Monaten vor dem Retreat anmeldete. Ernst wurde am Freitagabend, als ein Auto nach dem anderen im sanften Frühlingsregen die Auffahrt nach Darvell hoch kam und das Signal des ankommenden Regionalzugs in Robertsbridge durchs die Abenddämmerung hallte. Sofort kam man ins Gespräch über Glauben, Leben, Kultur, Familie und Gemeinschaft, und das setzte sich dann das ganze Wochenende lang fort. Die meisten unserer Gäste kamen aus Europa – beherbergt wurden sie von jungen Leuten aus Darvell. Rucksäcke und Schlafsäcke wurden schnell in die jeweiligen Quartiere geworfen, um möglichst schnell bei Tee und Keksen wieder zusammen sein zu können.

An diesem Abend hatten wir den ersten Gottesdienst im Stil von Taizé: Kerzenlicht, Singen, Gebet, Stille – wunderbar einfach. Ich stellte mit Verwunderung fest, dass 10 Minuten absoluter Stille ein Erlebnis ist, das uns zusammenbringt. Da waren wir alle schweigend zusammen: Ein Haufen Christen, wie er zusammengewürfelter nicht sein könnte. Ein Psalm wurde gelesen und einfache Lieder gesungen, deren knapper Inhalt immer wieder erklang. Am Ende beteten wir das Vaterunser.
Der Samstag begann für die meisten Teilnehmer des Retreats um 5.30 Uhr. Bei Gastfamilien gab es Frühstück mit angeregten Gesprächen und dem dringend benötigten Kaffee. Dann, ora et labora, arbeiteten wir gemeinsam auf dem Grundstück, im Gemüsegarten und in der Gemeinschaftsküche. In meinem Fall: Matschige Gummistiefel und matschige Hände, aber super Gespräche miteinander.

Anschließend erzählten wir vom Bruderhof ein bisschen über unsere Gemeinschaft und ihre Geschichte und Bruder Paulo aus Taizé sprach über die klösterliche Gemeinschaft dort und wie sie zustande kam. Dann fanden sich Gruppen zusammen, um über die Bibel zu sprechen und später (nach einem kleinen BBQ) trafen wir uns wieder zum Mittagsgebet im Taizé-Stil. Danach machten sich Grüppchen auf, um zu wandern, ältere Gemeinschaftsmitglieder zu besuchen oder Speedball, eines unserer Lieblingsspiele zu spielen. Dann einige Workshops zum Nachdenken: Einer wurde angeleitet von Peter Hopper von Open Doors, einer Organisation, die verfolgte Christen auf der ganzen Welt unterstützt, ein anderer von Bernard Hibbs, bei dem es um die Bergpredigt ging. Nach dem Abendessen tanzten wir irakische und israelische Volkstänze und kamen noch einmal zu einem Taizé-Abendgebet zusammen, auch um an das vom Bürgerkrieg zerrissene Syrien zu denken.
Jesus ist in euch. Lasst das Licht eurer Lampen nicht ausgehen, dann werdet ihr ihn erkennen.
Das Retreat ging bis Sonntag, wo in der morgendlichen Versammlung ein eine Woche altes Baby von der gesamten Gemeinschaft und allen Gästen willkommen geheißen wurde. Dann gingen die Kinder zum Spielen nach draußen und die Erwachsenen trafen sich, um zusammen darüber nachzudenken, was wir das Wochenende über erlebt hatten. Es waren Leute von der
Community of St Anselm, von
L’Arche und vielen anderen Kirchen und Gemeinschaften da, die darüber sprachen, wie sie ihren Glauben ausleben. Besonders beeindruckend war es, wie eine syrische Christin über die verfolgte Kirche in ihrem Land sprach, über die ungeheure Vergebung und den Glauben der Christen dort, der schon so oft auf die Probe gestellt wurde. Diese Worte von Mutter Teresa, die in dieser Versammlung gelesen wurden, fassen zusammen, was wir am Ende unseres gemeinsamen Wochenendes alle empfunden haben, als wir uns aufmachten, um unseren jeweiligen Weg weiter zu beschreiten:
„Was wir brauchen ist eine Liebe, die nicht müde wird. Wie brennt eine Lampe? Dadurch, dass dauernd kleine Öltropfen in die Flamme gelangen. Was entspricht diesen kleinen Öltropfen in unseren Lampen? Es sind die kleinen Dinge des täglichen Lebens: Treue, ein freundliches Wort, ein Gedanke an jemanden anderen; wie wir schweigen, schauen, sprechen und handeln. Sucht nicht da draußen nach Jesus. Da draußen ist er nicht. Er ist in euch. Lasst das Licht eurer Lampen nicht ausgehen, dann werdet ihr ihn erkennen. „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Diese Worte von Jesus sollten nicht für uns nicht nur ein Licht sein, sondern auch eine Flamme, die den Egoismus verzehrt, der das Wachsen der Heiligkeit verhindert. Jesus „liebt uns bis ans Ende“, bis an die äußerste Grenze der Liebe: das Kreuz. Diese Liebe muss von innen kommen, aus unserer Einheit mit Christus. Zu lieben muss für uns so normal sein wie zu leben und zu atmen, Tag für Tag, bis wir sterben.“
Interesse an einen Besuch beim Bruderhof? Hier klicken.